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Das traditionelle Treffen zwischen Herrn Dr. Schwan und dem AVR

Herr Dr. Severin Schwan berichtete von insgesamt einem guten Geschäftsergebnis trotz des besonderen Jahres und so könne man auch im laufenden Jahr wieder in Forschung und Entwicklung (F&E) investieren.

Auf Gruppenebene in lokalen Währungen wuchs Roche-Umsatz um 1%, am unteren Ende des ursprünglichen Ausblicks, den die Firma sich als Ziel gesetzt hat. Erfreulich ist, dass Roche die Core Earnings zumindest in lokalen Währungen um 4% steigern konnte. Weiterhin führte Herr Dr. Severin Schwan aus, dass Roche die Dividende im laufenden Jahr ganz leicht erhöhen werde.

Er meinte, dass die 1% Umsatzsteigerung auf den ersten Blick langweilig aussehe. Hinter dieser Zahl ist aber im Jahr 2020 viel passiert, mit erheblichen Verschiebungen im Produktportfolio. Die Ergebnisse waren sehr stark beeinflusst durch COVID-19. Erfreulicherweise konnte der Umsatz der neuen Produkten um 4.7 Mrd. gesteigert werden, allerdings wäre Roche stärker gewachsen ohne COVID-19, da viele Patienten während der beiden Lock-Downs aus Sorge vor Ansteckungen nicht mehr ins Spital gegangen seien. Das hat insbesondere Medikamente wie Ocrevus und Lucentis im Wachstum stark gebremst.

Gleichzeitig seien die Auswirkungen der Biosimilars deutlich höher gewesen, als Roche ursprünglich erwartet habe. Roche ging am Anfang des Jahres von einem Rückgang von etwa 4 Mrd. Schweizer Franken aus, tatsächlich lag der durch Biosimilars bedingte Rückgang dann bei 5 Mrd., eine Milliarde mehr, als Roche am Anfang des Jahres erwartet habe.

Die Division Pharma erfuhr also eine negative Entwicklung gegenüber dem Budget, resultierend aus zwei Gründen: reduzierte Umsätze durch COVID-19 und einen höheren Einfluss von Biosimilars. Trotz eines starken Starts im ersten Quartal des letzten Jahres mit einem Umsatz-Plus von 7%, ist der Pharma-Umsatz insgesamt im Jahr um 2% zurückgegangen. Umgekehrt erzielte die Diagnostika ein erfreuliches Ergebnis mit einem Umsatzplus von 14%. Vor allem im zweiten Halbjahr wurden die Pandemie bedingten Rückgänge in der Routinediagnostik durch eine starke Nachfrage nach Covid-19 Tests überkompensiert.

Weiterhin ging Herr Dr. Schwan auf die interessante Entwicklung auf der Kostenseite ein:

Trotz des schwächeren Umsatzwachstums war es Roche wichtig, ganz bewusst weiterhin massiv in Forschung und Entwicklung zu investieren, um die langfristige Zukunft des Unternehmens zu sichern. Roche habe 800 Mio mehr in F&E investiert, was ein Anstieg von 8% im Vergleich zu 1% auf der Verkaufsebene bedeute.

Roche konnte das tun, weil zum einen grosse Effizienzgewinne im Produktionsbereich erzielt wurden, die das Result der vielen Initiativen seit mehreren Jahren darstellen. Zum anderen wurden deutliche Einsparungen im Bereich der Marketing- und Distributionskosten im Rahmen verschiedener Umstrukturierungen erzielt. Zusätzlich ergaben sich Pandemie bedingte Einsparungen: allein die Reiseausgaben gingen im Jahr 2020 auf Gruppenebene gegenüber dem Vorjahr um 600 Mio Schweizer Franken zurück.

Herr Dr. Schwan meinte, dass wir alle stolz darauf seien, in der Lage zu sein, in so einer schwierigen Phase massiv in die Zukunft investieren und Ressourcen in die Forschung und Entwicklung umschiften zu können.

Auf der Pharma-Seite investierte Roche in Actemra Produktionskapazitäten, um für COVID vorbereitet zu sein, wobei die erste Studie (COVACTA) nicht das erwünschte Ergebnis lieferte. Andere Studien (z.B. EMPACTA) erzielte positive Resultate. Im Eregbnis war die Nachfrage nach Actemra bisher sehr gut, ist aber nicht explosionsartig nach oben gegangen. Es laufen derzeit noch weitere Studien.

Roche hat aber stark in die Produktionskapazitäten von Biologics investiert. Diese zusätzliche Kapazitäten können jetzt im Rahmen der Zusammenarbeit mit Regeneron für den Antikörper-Cocktail von Regeneron genutzt werden.

Auf der Diagnostik-Seite wurden im letzten Jahr insgesamt 15 Lösungen entwickelt. Unter anderem der PCR Test, bei dem Roche ganz vorne dabei war, sowie auch die Schnelltests, welche seit kurzem zur Verfügung stehen und deren Einsatz nunmehr für weite Bevölkerungsgruppen zur Verfügung steht.

Weiterhin berichtete Herr Dr. Schwan, dass die neuen Pharma-Produkte im 1. Quartal mit 50% Wachstum begonnen haben, dann kam der Einbruch und damit ein deutlicher Rückgang mit der ersten Welle im Vergleich zu den Erwartungen. Im 4. Quartal folgte ein ähnlicher Effekt. Auf der Diagnostik-Seite erfolgte die umgekehrte Entwicklung, weil man über das Jahr die Produktionskapazitäten aufgebaut hat und nun alles verkauft, was man im PCR-Bereich produzieren kann. Entsprechend gingen die Verkäufe nach oben.

Der Trend im Jahr 2021 wird sich im 1. Halbjahr fortsetzen, wir werden sehr gute Diagnostik-Verkäufe sehen und werden weiterhin Druck auf die Pharma haben.

Die Hoffnung ist, dass sich das dann im 2. Halbjahr dreht, wenn die Pandemie sich langsam legt. Erwartet wird, dass dann die Umsätze der Division Pharma wieder stärker anziehen und wahrscheinlich die der Diagnostik abflachen.

Einen Ausblick auf das laufende Jahr möchte Herr Dr. Severin Schwan trotz der Unsicherheit bezüglich der Entwicklung der Pandemie wagen. Seiner Einschätzung nach sei ein Zuwachs im niedrigen bis mittleren einstelligen Bereich realistisch.

Der AVR bedankt sich für die Präsentation und die Information, sowie die hervorragende Zusammenarbeit mit Herrn Erismann, Herrn Weissen und Frau Cris Wilbur im vergangenen Jahr. Der AVR ist sehr froh, eine Einigung bei den Lohnverhandlungen erzielt zu haben.

Danach, wie jedes Jahr stellte der AVR Fragen zu aktuellen Themen, die den AVR in seinem täglichen Geschäft sehr beschäftigt:

AVR Thema: Was erhofft Roche sich von der Atea-Partnerschaft (Bekanntgegeben am 22. Oktober 2020) für die COVID-19 Patienten und können wir das Volumen, welches benötigt wird, auch herstellen? Welche Rolle spielt der Standort Basel/Kaiseraugst in dieser Partnerschaft?

Roche wird auf jeden Fall auf externe Firmen angewiesen sein, meinte Herr Dr. Schwan, da im Erfolgsfall hohe Mengen erforderlich wären (wobei die Marktsituation für small molecules viel besser ist als bei Biologics oder Impfstoffen). PT analysiert auch, ob Basel hier einen Beitrag leisten kann (insbesondere Spray Drying).

AVR Thema: Roche 10 Jahres Ambitionen werden oft als weiterer Grund für die momentan oder bereits ausgeführten Transformationen genommen, um die Kosten stärker zu reduzieren und noch mehr Mitarbeitende abzubauen.

War das wirklich das Vorhaben der Konzernleitung mit dieser Initiative?
Was ist Ihre Haltung dazu?
Was für ein Feedback erhalten Sie diesbezüglich von den Funktionen und den Kunden und was ist Ihre Reaktion dazu?
Läuft man Gefahr für Parallelstrukturen?

Die Einführung von New Ways of Working und der damit verbundene Umbau der Organisationen wird unter grossem Zeitdruck durchgeführt. Gleichzeitig werden Mitarbeiter der unteren und mittleren Führungsebene abgebaut, die bislang als Knowhow Träger galten. Dies führt zu einer enormen Unsicherheit und Vertrauensverlust.
Wie ist ihre Haltung hierzu?
Inwiefern beeinflusst die Pandemie die 10 Jahres Ambitionen und die Geschäftsstrategie? Welche mittel- und langfristigen Szenarien werden auf Executive Stufe betrachtet?

Herr Dr, Schwan erklärt, dass es bei den 10 Jahres-Zielen darum gehe, wie wir als Unternehmen langfristig zu einer besseren Gesundheitsversorgung beitragen können. Konkret will Roche das Portfolio an neuen Produkten in Pharma und in Diagnostika ausbauen, das Insights Geschäft basiered auf Gesundheitsdaten aufbauen und integrierte PHC Lösungen für Gesundheitssysteme zur Verfügung stellen. Gleichzeitig wollen wir weiter in Punkto Diversität und Nachhaltigkeit Fortschritte machen.

Was Restrukturierungen und Kostenstrukturen angeht, gehe es nicht einfach um pauschale Kostensenkungen, sondern darum, wie wir die Mittel am besten einsetzen können, um unsere übergeordneten 10 Jares-Ziele zu erreichen. Man wolle mehr in F&E investieren und gewisse Ressourcen in F&E umverlagern. Dies betreffe nicht nur Pharma und Diagnostika, auch digitale Angebote sollen besser ausgebaut werden. Alles, was intern erreicht werde, sei nur relevant, wenn es zu besseren Lösungen im Gesundheitswesen führe. Das Portfolio von neuen Medikamenten solle in den nächsten 10 Jahren verdoppelt werden. Da werde schnell klar, dass überproportional in F&E investiert werden müsse.

Dies erzeuge einen grossen Druck, u.a. im Bereich der Administration, der Produktion und den internen Dienstleistern und führe dort auch zu Restrukturierungen. Wenn die Shared Services in gebündelter Form in Zentren erledigt werden könnten, so könne man hier in der Schweiz sparen und zusätzliche Gelder in F&E verlagern. Herr Dr. Schwan möchte die Tätigkeiten mit niedriger Wertschöpfung und Routinefunktionen nicht in der Schweiz behalten, das sei viel zu teuer und könne gut woanders erledigt werden, er halte es längerfristig sogar für kontraproduktiv. Die Arbeiten mit grosser Wertschöpfung sollen hingegen weiterhin in der Schweiz erledigt werden. Im Jahr 2020 sei der Personalbestand in der Schweiz insgesamt um über 700 Mitarbeitende gestiegen. Er achte konsequent darauf, wie man immer effizienter werden könne und werde das über spezielle Projekte anschauen lassen. Das werde immer so bleiben und seien Gegebenheiten, an die man sich anpassen müsse.

Der AVR erklärt, die Transformationen würden nicht immer Effizienzsteigerungen bedeuten, AVR höre eher vom Gegenteil; eine Umverteilung der Ressourcen, statt deren Abbau würde der AVR unbedingt bevorzugen. Herr Dr. Schwan stimmt dem zu, man müsse Fehler schnell korrigieren, wenn man merke, dass es nicht so funktioniere, wie geplant. Es gelte mit Umsicht und Vernunft die Fehler zu eliminieren. Der AVR bedauert den Know-How Verlust bei diesen Verlagerungen.

AVR Thema: STEP - Initiative von Pharma International nach knapper Einführung von ReModelGRA (nach ca. 2 Jahren).
Was ist Ihre Haltung dazu?
Was sind Ihre Erwartungen an diese Initiative?

Herr Dr. Schwan stimmt dem AVR zu, dass es viele Initiativen gäbe, um Doppelspurigkeiten innerhalb von Pharma International abzubauen. Es sei aber nicht das Ziel vom Leiter von Pharma International, P. Ward, zusätzliche zentrale Strukturen aufzubauen. Es geht vielmehr darum, dass verschiedene Länder dezentral gewisse Intiativen vorantreiben, ohne dass man das Rad dann in allen Ländern neu erfinden müsse. Durch verbesserte Zusammenarbeit innerhalb der Region könnten sicher in gewissen Bereichen Doppelspurigkeiten vermieden und so effizienter gearbeitet werden. Daher unterstütze Herr Dr. Schwan dieses Vorgehen; Damit würden insgesamt auch weniger Ressourcen benötigt, die dann wiederum anderweitig genutzt werden könnten.

AVR Thema: People & Culture Transformation: Welchen Stellenwert hat die Personalabteilung künftig bei den Mitarbeitenden nach so einem weltweit geplanten massiven Abbau?

Herr Dr. Schwan erklärt, die ganze Strategie von Roche sei auf Innovation ausgerichtet, die nur durch kreative Köpfe entstehen könne. Es brauche ein motivierendes Umfeld, denn unser Geschäft sei ein “People Geschäft”. Aber es sei völlig egal, in welchem Land zum Beispiel die Abteilung Payroll sitze, hier gehe es um pure Effizienz, auch Support und Back-Offices müssten nicht in der Schweiz bleiben. Er möchte überall, wo Effizienzgewinne möglich sind, diese nutzen, um dann das gesparte Geld lieber in die Entwicklung von neuen Produkten, Produktionsstätten oder Gehaltserhöhungen stecken zu können. Gleichzeitig müsse man auch vorsichtig sein, damit alles weiterlaufe und nichts stehen bleibe. Auch hier sei wieder die Frage nach der Umsetzung entscheidend, man müsse weiterkommen und dabei immer das Wohl der Patienten im Auge behalten. Den Patienten sei es egal, wie wir uns intern organisieren und ob und von wo wir interne Unterstützung bekämen, für sie zähle nur, ob ein innovatives Medikament auf den Markt komme, oder nicht.

Frau Cris Wilbur stellt fest, Roche habe talentierte Mitarbeitende, aber es sei zu klären, wo auf der Welt die Arbeit gemacht werden könne und wie die Kapazitäten verteilt und genutzt werden könnten. Vor 20 Jahren habe man keine “Market Compensation Data” vergleichen können, nun sei dies weltweit möglich. Bei Roche habe es 150 verschiedene Systeme gegeben, diese hätten jedoch keinen Sinn mehr gemacht und seien viel zu teuer gewesen. Nun gehe es darum, die Tätigkeiten der Mitarbeitenden weltweit zu analysieren und herauszufinden, was auch in Zukunft im persönlichen Kontakt erledigt werden müsse und was virtuell genauso gut gelinge. Bei der virtuellen Betreuung würde eine Vereinheitlichung Sinn machen. Der AVR bittet um mehr Details und möchte unbedingt genauere Informationen im Meeting im August erhalten, um die Transformation besser koordinieren zu können. Herr Dr. Schwan betont wie wichtig es sei, dass der AVR Rückmeldungen gebe, so könne man schneller feststellen, wenn etwas in die falsche Richtung laufe.

AVR Thema (Rotkreuz): DasTransformationsmodell von TransformD wird von oben nach unten umgesetzt, indem auf oberster Leistungsstufe Funktionen abgebaut wurden. Bei der P&C Transformation stellen wir fest, dass die obersten Leistungsstufen nicht betroffen sind. Dies ist eine Wahrnehmung der Mitarbeitenden wie sie an uns herangetragen wird.
Wie lässt sich das erklären, was sind die Hintergründe dazu?

Herr Dr. Schwan erklärt, dies sei eine interessante Beobachtung, so habe er das noch gar nicht gesehen. Für TransformD seien unterschiedliche Gründe ausschlaggebend gewesen. Im traditionellen Kerngeschäft sollten die Silos innerhalb der Geschäftsbereiche aufgebrochen werden, um dort eine bessere Zusammenarbeit zu erreichen. Die Anpassung der Struktur sei hingegen ein globales Thema und musste somit auf globaler Ebene beginnen. Dr. Thomas Schinecker habe wohl viele Personen in der Organisation involviert, aber mit Veränderungen “von oben” angefangen. Nun werden die Führungspositionen in der neuen Struktur sukzessive besetzt.

Betreffend P&C stellt Frau Cris Wilbur fest, die Mitarbeitenden würden die Veränderungen, die über mehrere Jahre hinweg auf Managementebene stattfinden, oft nicht bemerken. Erst jetzt, da es um jede Rolle ginge, und jede einzelne Position angeschaut werde, seien die Anpassungen für jeden erkennbar. Ende Februar, bzw. Anfang März werden die Ergebnisse bekannt gemacht und alle Stellen gepostet. Alle Ebenen seien analysiert worden, so seien auch überall Veränderungen im Gange, inklusive dem oberen Management.

AVR Thema (Rotkreuz): Roche Diabetes Care (DC) ist seit sehr langer Zeit mit grossen Problemen behaftet.
Wohin geht die Reise mit DC und ist ein mittelfristiger Turnaround noch realistisch?

Herr Dr. Schwan berichtet, DC stehe unter Druck, die Entwicklung gehe weg von den Streifen zu kontinuierlichen Monitoring Systemen. Im vergangenen Jahr sei es trotz Covid besser als befürchtet gelaufen, auch habe man die Marktposition verteidigt und einen positiven Cash Flow gesichert. Langfristig entscheidend sei aber, dass wir auch im Bereich der kontinuierlichen Zuckermessung mit einer Lösung auf den Markt kommen. Roche habe “Geduld” und die Hoffnung bestehe, die fehlende Schlüsseltechnologie bereitzustellen. Solange es gleichzeitig gelinge, das Geschäft weiterhin zu stabilisieren, werde sich nichts ändern; wenn dies jedoch nicht mehr der Fall sei, müsse man weiter sehen.

Da die Sitzungszeit bereits überschritten ist, beendet Herr Dr. Schwan die Sitzung mit der Bemerkung, er freue sich schon auf das Treffen im August, hoffe aber, dass das dann wieder in persona stattfinden könne. Der AVR Präsident Adnan Tanglay dankt ihm für seine Zeit und schliesst sich dem Wunsch an.

Geschrieben von Adnan Tanglay, Präsident des AVR