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Jahresgespräch mit dem CEO

Es ist mittlerweile zu einer schönen Tradition geworden, dass die oberste Geschäftsleitung der Roche den Gesamtvorstand des Angestelltenverbands Roche (AVR) zu Jahresbeginn persönlich über das Geschäftsergebnis des letzten Jahres informiert. So auch diesmal: «Das Jahr 2018 lag über unseren Erwartungen», erklärte Dr. Severin Schwan, CEO der Roche, am Gespräch vom Mittwoch, 30. Januar. Das habe vor allem zwei Gründe gehabt: Einerseits habe sich der Markteintritt der Biosimilars in den USA verschoben, sodass dort mit ersten Umsatzeinbussen erst in diesem Jahr zu rechnen sei. Andererseits seien die neuen Roche-Produkte wie beispielsweise Ocrevus, Hemlibra und Perjeta vom Markt deutlich besser aufgenommen worden als erwartet.

Im Anschluss hatte der AVR die Möglichkeit, dem CEO direkt Fragen zu stellen. So wollte AVR-Präsident Adnan Tanglay von Schwan wissen, wie der Erfolg von Reorganisationen gemessen werde. Der CEO betonte, der Hauptantrieb bei den Umstrukturierungen sei es, die Organisation effektiver und agiler zu gestalten. Beispielsweise müssten Medikamente schneller eingeführt werden. «Wenn dann noch die Kosten sinken, umso besser», meinte Schwan. Ein «Feedback-Loop» bei Umstrukturierungen sei wichtig, aber man dürfe es nicht übertreiben: «Es soll nicht auf der einen Seite Bürokratie abgeschafft und auf der anderen Seite durch den Versuch, die Einsparungen zu messen, wiedereingeführt werden», so der CEO.

Weiter stellte der AVR Fragen zur Zukunft des Standorts Basel und der Verschiebung von Dienstleistungen in Billiglohnländer. Hier wurde Schwan überraschend deutlich: «Die Schweiz ist ein Hochpreisland. Alle Funktionen, die keine hohe Wertschöpfung generieren und nicht an den Standort gebunden sind, werden hier keine Zukunft haben.» So würden Backoffice- und Routine-Funktionen über die Zeit entweder vollautomatisiert oder in andere Länder ausgelagert, da die Personalkosten in der Schweiz teilweise fünf Mal höher als im Ausland seien. «Diesen Prozess kann man nicht aufhalten. Es bringt nichts, künstlich Biotope zu schaffen, die im Markt nicht bestehen können», betonte der CEO. Dann würde nur eine «Bugwelle» entstehen, die letztlich nicht zu stoppen wäre. «Lieber machen wir das kontrolliert und wenn genug Zeit vorhanden ist», lautete seine Devise. Anders verhalte es sich beispielsweise bei Wissenschaftlern und ähnlich hochqualifizierten Berufsleuten: Sie wollten in der Nähe von Universitäten und anderen Biotech-Firmen sein und auch eine gewisse Infrastruktur um sich haben. Daher brauche es auch künftig Standorte wie Basel. «Da muss Roche mitmachen», so Schwan, der insgesamt in der Schweiz einen stabilen Personalstand erwartet.

Als nächstes wollte Tanglay erfahren, ob es bald einen eigenen Bereich Digitalisierung bei Roche geben werde – dies, im Hinblick auf die Übernahme der Firmen Flatiron und Foundation Medicine (FMI) im vergangenen Jahr. Noch sei das Geschäft mit Informationen sehr klein, meinte Schwan. «Es geht momentan vor allem darum, Synergien mit dem bestehenden Geschäft zu nutzen. Heute kommt der Wert kommt ganz klar aus der Pharma, aber es gibt auch erste Synergien mit der Diagnostika», machte er deutlich.

Das letzte Thema betraf das Konkurrenzverbot für austretende Top-Manager. «Was ist daraus geworden?», fragte der AVR-Präsident in Anspielung auf Daniel O’Day, der kurz nach seinem Abgang bei Roche beim kalifornischen Pharmakonzern Gilead anfangen wird. Schwan erklärte, dass ausscheidende Führungskräfte generell auch weiterhin an die Vertraulichkeit von Geschäftsgeheimnissen gebunden seien. Darüber hinaus werde die betroffene Person bei «sensitiven» Projekten sofort freigestellt. «Wenn jemand vorzeitig geht, muss er auch Eingeständnisse machen», führte der CEO weiter aus: Diese Verträge würden aber selbstverständlich nicht publik gemacht. Zudem gebe es auch rechtliche Einschränkungen: Kalifornien kenne beispielsweise kein Konkurrenzverbot.

Damit endete die Gesprächsrunde im Januar. Der AVR wird sich im August ein weiteres Mal mit Severin Schwan zu einem strategischen Austausch treffen – dann allerdings im kleineren Rahmen.